Mieterinnen-Explosion in the making

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Mieterinnen-Explosion in the making

Die Mieten explodieren. Das ist leider Realität, und das ist furchtbar, aber das ist keine Neuigkeit. Demnächst aber werden Sie womöglich von einer Mieterinnen-Explosion hören. Da wird es dann wohl um mich gehen. Und vielleicht auch um andere Mitglieder eines Mietervereins. Lesen Sie selbst:

Ich habe vor acht Jahren einen Mietvertrag mit einer inzwischen ja auch bei Privatvermietungen sehr beliebten Index-Miete abgeschlossen. Dabei ist die Miete an den Verbraucherindex gekoppelt. Steigt er, steigt die Miete. Das ist so, ich habe mich vorher schlau gemacht über mögliche Risiken, und bin dann sehenden Auges reingegangen. In die Wohnung, in den Vertrag. Ich weiß ja, und das wird in dieser Geschichte noch wichtig, wo ich mich informieren kann und muss. Dank Ausbildung zur Redakteurin, dank der Tatsache, dass ich jeden Tag quasi ununterbrochen mein Geld damit verdiene, Informationen einzuholen, zu verifizieren und einzuordnen. (Übrigens ein Begriff, der Leute mittlerweile auf die Palme bringt: Journalisten seien nicht dazu da, einzuordnen, sondern nur zu berichten, lese ich immer wieder. Das ist so falsch und – pardon my French – dumm, dass ich darauf nicht mal antworten kann, weil mir dazu die Zeit fehlt. Ich muss ja Informationen einholen – Sie wissen Bescheid.)

Index-Miete also. Alljährlich liegt also ein Schreiben in der Post, das ich zwei Tage knurrend umrunde und dann irgendwann öffne, wenn ich mich seelisch ausreichend darauf eingestellt habe. Einmal fürs Protokoll: Ich habe ein wirklich gutes Verhältnis zur Vermieterin. Ist hier was kaputt, sage ich Bescheid, und ruckzuck wird sich gekümmert. Es gibt keinerlei Probleme.

Nun also lag wieder ein solches Schreiben im Kasten, und etwas daran kam mir seltsam vor. Also nutzte ich meine Mitgliedschaft im Mieterverein und rief dort an. Und das Telefonat ließ mich dermaßen kopfschüttelnd zurück, dass hier schon viertel vor Schleudertrauma herrscht.

Nicht genug, dass der Herr sich fünfmal (!) meinen Namen buchstabieren lassen musste. (Seit über 40 Jahren weiß ich, dass ein potenzielles C besprochen werden muss und trotzdem anschließend durchaus noch vorkommen kann. Aber „mit C oder nur mit K?“ hat man doch sogar dann schneller besprochen. Selbst wenn man Claus Kleber heißt. Denke ich jedenfalls.)

Gut, weiter. Wir hatten also diese Hürde genommen, und schon zu diesem Zeitpunkt graute mir vor den noch bevorstehenden. Spoiler: zu Recht.

Meine – zugegeben, ich bin keine Juristin – nach meinem Empfinden einfache Frage, ob diese erneute Erhöhung denn gerechtfertigt sei, konnte mir der Jurist vom Mieterverein am Telefon nicht beantworten. Dafür las er mir etwas schwerfällig die Definition von Index-Miete vor. Um aber weitere Fragen zu klären, bräuchte ich einen Termin, sagte er. Ok, dachte ich, fair enough. Der Verein hat eine Geschäftsstelle, dafür zahlt er Miete, dafür braucht es eine Rechtfertigung; ich habe gerade drei Monate frei. Mach ich halt einen Termin, gehe hin und treffe hoffentlich auf jemand etwas Vertrauenserweckenderen.

Zum Schuss dann aber der absurdeste Rat, den ich seit sehr langer Zeit bekommen habe: „Machen Sie einen Termin“, sagte der Herr, „bei Ihrer Sparkasse oder bei Ihrer Bank.“ – Ich: „Warum? Ich habe zwar den Verdacht, dass diese Mieterhöhung nicht gerechtfertigt ist, aber ich brauche keinen Kredit, das kriege ich gestemmt.“ – Er: „Nein, nein. Sie müssen ja wissen, wie sich der Verbraucherindex entwickelt hat.“ – Kurz musste ich mich sammeln, dann fragte ich nach: „Aber das lässt sich doch sehr leicht ermitteln, dafür muss ich doch nur ins Netz gehen, da habe ich doch alle Informationen.“ – Schweigen. Dann er: „Ja, ich kann Ihnen nur raten, dass Sie dazu einen Termin bei Ihrer Sparkasse oder bei Ihrer Bank machen und dort nachfragen.“

Kennen Sie das, wenn Ihnen etwas dermaßen abseitig erscheint, in einem solchen krassen Ausmaß, dass Sie nicht mehr wissen, ob Sie womöglich die Geisterfahrerin sind, die es nicht merkt? Zum Glück habe ich familiäre Kontakte in eine Sparkasse und erkundigte mich. Die Reaktion war genauso entgeistert wie meine.

In meinem Fall ist das nicht so schlimm. Ich kann mich im Zweifel selbst schlau machen. Im Grunde verbringe ich ja seit Jahren meinen kompletten Tag damit, Informationen usw. Dass ich beim Verein anrufe, hat auch etwas mit Bequemlichkeit und meiner Abscheu vor derlei Themen zu tun. Anderen geht es aber anders. Auch finanziell. Zudem registriere ich an mir Ermüdungserscheinungen: Dann frage ich da eben nichts mehr nach, wenn ich erst eine Viertelstunde in der Warteschleife hänge und dann unverrichteter Dinge UND mit dem Gefühl, dort nicht gut aufgehoben zu sein, aus dem Gespräch rausgehe. Dafür aber ist die Mietfrage für Viele aber ja zu existenziell…

Und deshalb überlege ich nun seit Tagen, ob es eine übergeordnete Instanz gibt, der ich diese Nicht-Beratung mal zur inneren Reflexion berichten kann. Mal sehen.