4. April 2022

4. April 2022

https://twitter.com/FlorianPost/status/1510927921535496193?s=20&t=46pnZBGm2YnXy6ZIut6O5g

Seit sehr vielen Jahren habe ich ein Ritual: Jeden Abend lese ich mich durch meine Blogroll. Jeden Abend schaue ich nach, was es Neues gibt bei der Kaltmamsell, Herrn Buddenbohm, Frau Novemberregen und Frau Herzbruch. Für mich ist das, als würde ich bei Freunden einmal kurz nachhorchen, wie es ihnen geht, ohne dabei reden oder selber Fragen beantworten zu müssen. Sie müssen sich meinen Bedarf an Kommunikation im Laufe des Tages wie eine zunächst flach und ab spätem Nachmittag sehr steil abfallende Kurve vorstellen. Morgenmuffel finden mich ganz schrecklich (dito!), abends möchte ich am liebsten nur unterhalten werden. Diese Blogs erfüllen meine Bedürfnisse perfekt: Sie sind klug und gleichzeitig unterhaltsam.

U und E.

Im Laufe der Jahre kamen ein paar Blogs dazu, von ein paar trennte ich mich – wie im normalen Leben auch. Man entfernt sich thematisch voneinander, das ist ja völlig normal. Registriert man das, winkt man leise zum Abschied und dann liest man halt woanders. Um es mit einem der besten Song aller Zeiten auszudrücken:

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Von einem Blog habe ich mich vor ein paar Wochen aus anderen Gründen verabschiedet. Es war mir dort zu herablassend. Dahinter steckt ein Mensch, der sich anscheinend vor allem darüber definiert, was er besser weiß und besser macht als andere. Ein Schrei nach Liebe und Anerkennung, könnte man küchenpsychologisch sagen. Aber dieser Schrei war mir dann doch zu unsympathisch. (Den Song dazu lasse ich weg; bei aller Kritik: Einen Nazi würde ich die betreffende Person nun wirklich nicht nennen.)

So. Was wäre der logische Schluss? Bookmark gelöscht, Ende aus, Micky Maus. Was aber passiert? Ich kehre seit meinem Entschluss regelmäßig zu diesem Blog zurück und lese doch. Eine Freundin lacht mich dafür regelmäßig aus. Sie ist da konsequenter (zumindest in der Blog-Beurteilung sind wir einer Meinung.) Ich kann es nur so erklären: Es ist wie ein Verkehrsunfall. Immer wieder gibt es dort dermaßen ätzende Dinge zu lesen; ich kann es mir einfach nicht entgehen lassen. Weil ich es nicht fassen kann.

Mit demselben Mechanismus erkläre ich mir die große und mit ihrer gesellschaftlichen Stellung überhaupt nicht mehr korrespondierende Aufmerksamkeit, die Exen erfahren. Der Ex-MdB Florian Post von der SPD zum Beispiel, der gerne möchte, dass der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk mal aufhört zu nerven mit dem Krieg und so. Wir haben Wetter in Deutschland, wir brauchen Heizung, hat das den Leuten in der Ukraine eigentlich noch niemand gesagt?! So äußert sich Post einen Tag, nachdem sich in Anbetracht der Bilder von Butscha noch allen die Kehle zuschnürt. Und er findet viel Beachtung. Oder Julian Reichelt. Ex-Chef von dieser einen Zeitung. Egal, was er rauslässt bei Twitter (viel anderes hat er ja gerade nicht) – es macht sofort ne Welle.

Weniger Verkehrsunfall, mehr Musik. Das wär doch was. Bitte sehr, Herr Kapellmeister.

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