8. April 2022

8. April 2022

Für Social Media gilt eine Bauernregel: Namen, die trenden, gehören meistens zu in diesem Moment gehassten Menschen. Eine zweite Bauernregel besagt: Weist Dein Tweet mehr Antworten oder auch zitierte Retweets als Likes auf, ist die Resonanz nicht positiv. Um es mal vorsichtig auszudrücken. Hier der Beleg:

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Was was geschehen? Hanni Hüsch hat einen Kommentar gesprochen. Und dabei in dreifacher Hinsicht Pech: Erstens geht es um die Impfpflicht. Ich denke, wenn wir uns kurz vergegenwärtigen, dass gestern nicht zum ersten Mal “Nürnberger Kodex“ im Zusammenhang dazu trendete, wird die emotionale und seriöse (Ironie) Dimension der Debatte darum deutlich. Zweitens: Hanni Hüsch ist eine Frau. Drittens: Hanni Hüsch arbeitet für die ARD, also den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Hanni Hüsch ist für jeden Wicht ein Geschenk, der konstruktive Debatten, Frausein und Nachdenken für Zeichen von Schwäche hält und sich endlich mal groß fühlen möchte, indem er all dies mit Füßen tritt.

Unter dem Tweet der Tagesthemen finden sich Bemerkungen, die wir alle schon so oft gelesen haben und gehört, dass ich sie sicherlich nicht wiederhole. Denn der Kipppunkt von Aufklärung zu Sensationsbefriedigung ist bereits absolviert.Wir müssen aufhören, von einem staunenden Publikum auszugehen, das sich verdutzt die Augen reibt ob der Obszönitäten im Netz. Wir müssen etwas dagegen tun.

Was können wir tun? Erstens müssen wir versuchen, uns nicht einschüchtern zu lassen. Nicht zu verstummen. Zweitens müssen Führungskräfte hinter ihren Leuten stehen. Noch viel zu oft bekommen Opfer von Shitstorms ein “Aber“ zu hören, das die indiskutablen Unverschämtheiten des Mobs relativiert. “Das ist natürlich schlimm, was da gerade im Netz passiert, aber Sie haben sich ja auch weit aus dem Fenster gelehnt“, ist nichts, was ein Chef einer gerade mitten im Zentrum des Hasses stehenden Mitarbeiterin sagen darf. (Übrigens auch nicht danach. Es gibt keine Rechtfertigung.) Und es ist wirklich noch überhaupt gar nicht lange her, dass mir eine Berufskollegin genau dieses Zitat berichtet hat.

Diese Berufskollegin war übrigens jung. Deshalb versuchten einige der sie bepöbelnden Leute, sie als kleines Mädchen zu verunglimpfen, das keine Ahnung hat und besser den Mund halten sollte. Hanni Hüsch wiederum wird ihr vergleichsweise höheres Alter als Argument dafür angereicht, warum sie nicht kommentieren darf. Na, erkennen Sie ein Muster? Genau. Der rote Faden, der sich durch die Argumentation zieht – es sind: die fehlenden Argumente.