13. April 2022

13. April 2022

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Heute, beim Verlassen des Senders gegen 21 Uhr, registrierte ich erst durch ihre Nichterfüllung eine zuvor gehegte Erwartung: die, bei Kontakt mit dem Draußen zu frösteln. Ich trug ein kurzärmliges Kleid und darüber einen Sommermantel. Das Anziehen der Strickjacke hatte ich beim Taschepacken, Maskeaufsetzen und Büroabschließen vergessen und dann aus Faulheit verschoben. War aber gar nicht nötig. Die Luft war noch lau. Heute Morgen hatte ich gar zum ersten Mal in diesem Jahr einen süßlichen Geruch festgestellt. Frühling!

Vorhin dann auf dem Weg zu meinem Rad registrierte ich ein weiteres Gefühl in mir: federnde Heiterkeit. Und ich begann, in mir zu graben: Mir war bisher gar nicht klar gewesen, entsetzlich unter dem Winter gelitten zu haben. Ich empfinde mich seit Monaten als ungewöhnlich gut gelaunt, und außerdem war ich über Weihnachten zwei Wochen in der Sonne im Urlaub. Ein Zusammenhang könnte bestehen.

Egal. Ich bin gut gelaunt und nicht bescheuert, also werde ich das jetzt nicht künstlich kritisch kaputtdenken. Es lief alles weiter glatt: Eine komplette Heimfahrt ohne Gegenwind – in Berlin eigentlich undenkbar -, den Alexanderplatz geschmeidig überquert ohne Nahtoderfahrung durch querende E-Scooterfahrer, orientierungslos rummäandernde Touristen oder von Hybris gelenkte Teenies, zu Hause ein Stück Kuchen vorgefunden plus, und jetzt denken Sie dran, man muss auch gönnen können, also kein Neid: Der talentierte Nachbar spielt endlich wieder bei offenem Fenster Klavier! Außerdem begrüßte mich der kleine lustige Dackel äußerst begeistert, der gerade hier wohnt.

Der Dackel wollte raus, ich wollte raus – wir sitzen auf dem Balkon. Und ich denke nach, wie mein perfekter Sommer aussehen könnte. Vier Wochen Urlaub, schrieb heute jemand im Verlauf einer Twitterdebatte, würden uns allen wohl guttun. Das wäre ein Anfang.

Ich würde hierbleiben wollen, in Berlin. Jeden Morgen zum Badeschiff fahren. Da war ich einmal in den 17 Jahren, die ich jetzt hier wohne, und das war ok. Nicht mehr, nicht weniger. Aber seit zwei, drei Jahren ist das Badeschiff für mich Synonym für “Urlaub zu Hause“. Also. Ich würde jeden Morgen zum Badeschiff fahren. Und danach mal gucken. “Mal gucken“ bedeutet ja maximalstmögliche Freiheit. Sonnenmilch würde eine zentrale Rolle spielen, und zwar die, die nach Kokos riecht. Und Eis. Das Geräusch von Wind in Bambusstauden, der Geruch von Gegrilltem. Spontane Verabredungen, so als hätten wir alle noch keine Verpflichtungen. Bücher werden gelesen, Flip Flop-Abdrücke auf die Füße gesonnt, Lieder so oft gehört, dass sie für den Rest des Lebens die Bilder dieses Sommers in mir hervorrufen werden. Nachts wegen Hitze auf dem Balkon geschlafen. Während die Käuzchen aus dem Park rufen.

Ich gehe jetzt ins Bett, der Dackel schnarcht schon. Morgen soll es regnen. Macht aber nichts. Ich hatte ja heute. Und ich hab einen Traum. Den vom Buchschreiben hab ich mir erfüllt. Dann krieg ich den vom schönen Sommer doch wohl auch realisiert.