12. April 2022

12. April 2022

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Gestern Abend nach getaner Arbeit war ich auf der Suche nach Zerstreuung, ich wollte mich weder mit dem Krieg noch mit Anne Spiegel beschäftigen. Zu ihr hatte ich gerade einen Beitrag fürs “heute-Journal“ gefertigt, und alle Beteiligten in Schnitt und Ton waren wir uns einig: Diese Pressekonferenz ist nichts, was man sich öfter ansehen möchte. Es sind viele Faktoren, die fast körperliche Beschwerden dabei aktivieren. Einer: das Breittreten von sehr privaten, intimen Details, die auch Spiegels Mann und ihre Kinder betreffen. Das Preisgeben auch von deren Privatsphäre in dem Versuch, den eigenen Job zu behalten.

Ich fand zwar Zerstreuung – aber schon wieder stieß ich auf das Thema “Privatsphäre“. Nun gut. Wenn ein Thema mich findet, folge ich dem Ruf eben.

Um den oben angekündigten Thread mal abzukürzen: Mats Hummels scheint sich mit einer anderen Frau zu treffen als mit seiner Frau Cathy, von der man ja schon länger nicht mehr weiß, ob sie nur noch auf dem Papier seine Frau ist. Diese andere Frau hat das auf Instagram publik gemacht, dann hat Cathy was indirekt-Schnippisches dazu auf Insta geschrieben, die andere hat Cathy dann einen privaten Chat mit Mats geschickt, dann kam noch eine Dritte dazu, das wurde dann auch wieder publik, anschließend gab es ein Insta-Live mit allen vieren – okay, Letzteres stimmt nicht, wundern würde es mich aber auch nicht, vielleicht habe ich auch bei den Details zuvor das ein oder andere durcheinandergebracht, aber wissen Sie was? Es interessiert mich auch überhaupt nicht. Es ist Kindertheater. Theater insofern, als es vor Publikum stattfindet. Nur sind wir ja gar keine Kinder.

Deshalb muss ich auch nicht mit erschrocken weit aufgerissenen Augen staunend und kopfschüttelnd fragen, warum diese Frauen das machen. Ganz einfach: Weil öffentlich Sein eine Währung ist. Nicht nur der süße Nektar Ruhm lockt, sondern auch der knallharte Euro.

Cathy Hummels zum Beispiel ist Influencerin. Irgendwann schreibe ich noch mal was zu dieser speziellen Bevölkerungsgruppe. Zu Leuten, die erst ganz viel Fitness machen, dann merken, dass sie kein Maß halten können, dann ihre Einsicht thematisieren, dabei viele Selfies von sich posten, mal weinend, denn es ist ein sehr harter Weg, so ganz generell, dann fröhlich, denn der Weg ist ja auch das Ziel und diese Erkenntnis kam heute Morgen im Biomarkt (bezahlte Werbung), dann realisieren, dass der Klimakatastrophenkipppunkt ein Megathema ist, also sich jetzt dafür bzw. dagegen engagieren, auch dazu kann man hervorragend Selfies posten mit nachdenklichem Gesicht, und für eine Übergangsphase aber noch an alten Werbekunden festhält, auch wenn es Kochbox-Lieferanten sind, denn: Entschuldigung, aber von irgendwas muss man ja wohl auch leben! (Diese hier beschriebe Figur ist ein Konglomerat aus mehreren Influencern.)

Zurück zum Thema. Privatsphäre. Das ist ein Ding. Früher, die Älteren erinnern sich, brauchte man einen gewissen Promistatus, dann kam man ins Geschäft mit Bunte, Bild, Gala. Meistens hatte man, Promi, auch einen Manager, Berater, eine Agentur. Die allerschlimmsten Ideen konnte dieser Filter oft noch verhindern, wenn es die im wahrsten Sinne des Wortes verantwortliche Redaktion schon nicht tat. Natürlich klappte das auch nicht immer, wir denken zurück an Rudolf Scharping im Swimming Pool, aber so lange es Ausreißer gibt, die im Gedächtnis bleiben, heißt das ja: Im Großen und Ganzen funktioniert das.

Heute ist das anders. Heute gibt es social media, es gibt Influencer, und es gibt eine Verschiebung der Grenze. Und dadurch gerät Privatsphäre, nimmt man sie ernst, schnell zum letzten noch zu überwindenden Hindernis, will man reich und/oder berühmt werden. Denn die anderen Hindernisse, technischer und redaktioneller Art, existieren ja gar nicht mehr. Das sieht man am oben geschilderten Beispiel, das sieht man aber eben auch etwa in kleinen Blogs.

Immer wieder liest man erstaunliche Dinge von Menschen, die entweder sowieso unter Klarnamen ihren Alltag preisgeben, oder aber gar nicht so viel Mühe drauf verwenden, unerkannt zu bleiben. Es wäre also sehr einfach, mit ihnen in Kontakt zu treten und sie zu fragen: Meinst du, es ist eine gute Idee, Bilder von deinen Kindern zu bloggen? Und über eines freimütig zu berichten, dass es neuerdings zum Psychologen geht? (Nichts gegen Therapien, aber warum die eigenen Kinder überhaupt dermaßen öffentlich machen? Selbst wenn die sagen, es ist ok: Sie sind Kinder.) Was sagt dein Arbeitgeber dazu, dass du Zwist mit deinen Kolleginnen öffentlich machst? Und die Kollegin? Du weißt doch gar nicht, wer alles mitliest.

Ich könnte diesen Leuten mailen. Aber warum sollte es? Es geht mich ja nichts an. Wenn sie es schon nicht verstehen – ich schon.