2015 darf sich nicht wiederholen

2015 darf sich nicht wiederholen

2015 kamen viele Menschen nach Deutschland. Sie kamen aus Syrien, aus Afghanistan. Aus dem Irak, aus anderen Staaten. Flüchtlinge? Migranten? Ein großer Unterschied. An die Begriffe „Flüchtling“ und „Migrant“ drücken unterschiedliche Sachverhalte aus, an die rechtliche Fragen geknüpft sind wie etwa asylrechtliche. An beide Begriffe sind, so sie korrekt verwendet werden, neutrale und sachliche Aussagen geknüpft.

Der Begriff „Flüchtlingskrise“ funktioniert da schon anders. War es eine Krise? Was genau definierte das, was der damalige AfD-Vorsitzende Alexander Gauland ein “Geschenk“ für seine Partei nannte? Die kletterte mit ihrer deutlichen Ablehnung und Ideen wie der, im Zweifel könnten Polizisten an der Grenze auch auf Menschen schießen, die nach Deutschland kommen wollten, aus der politischen Nicht-Mehr-Existent-Zone. Momentan führt die AfD in manch ost-deutschem Land die Umfragen an. Oder meinen diejenigen, die “Krise“ sagen die nicht systematische Erfassung der damals Herkommenden? Die nebulöse Kommunikation der Merkel-GroKo darüber, ob es einen Masterplan gebe – und wie der denn wohl aussehe? Oder aber meint “Flüchtlingskrise“ Ereignisse wie Anschläge auf Flüchtlingsunterkünfte, einen völlig enthemmten, hasserfüllten, ja: hässlichen Mob zum Beispiel im sächsischen Freital, der sich mit primitiven Mitteln gegen die Aufnahme von Geflüchteten “aussprach“?

Was sicherlich auch zur Krise gehörte: die teilweise mit voller Absicht, teilweise aber auch aus Unachtsamkeit (man könnte auch schreiben “Schlampigkeit“, qed: Sprache ist wichtig) in Medien verwendeten Begrifflichkeiten.

Von “Flüchtlingswelle“ zum Beispiel las und hörten wir da. Als wären Menschen eine Bedrohung, eine Naturkatastrophe. Dasselbe gilt für „Flüchtlingsstrom“. Und eben für „Flüchtlingskrise“: Dieses Wort suggeriert, Flüchtende wären die Verursacher einer Krise. Von Neutralität kann also keine Rede sein. Trotzdem wird es gerade wieder fleißig verwendet. Auch von Medien, die einer Agenda unverdächtig sind. Es hat sich eingebürgert. So funktioniert Diskursverschiebung.

Ob 2015 sich wiederholt – eine wahnsinnig theoretische und komplexe Frage. Die, ob es sich sprachlich wiederholt, lässt sich hingegen jetzt schon beantworten: Es wiederholt sich. Leider.