20. Mai 2022

20. Mai 2022

Heute am frühen Abend bin ich auf dem Balkon eingeschlafen. Im Sitzen. Erst ein einen Basketball während des Schlenderns dribbelnder Teenie weckte mich auf. Sonst säße ich immer noch da.

Die Woche war anstrengend, weil zerfasert. Nichts macht mich müder als fragmentiertes Arbeiten. Die eine Hälfte des Tages dies, die andere das, zwischendurch noch Unvorhergesehenes, dann die Bahn (nein, ich fange jetzt nicht schon wieder an) – Mutti kaputti. So sieht’s aus.

Eigentlich sollte ich heute noch einen Geburtstag mitfeiern. Hatte ich aber keine Lust drauf. Morgen fliege (ja, fliege, die Bahn, Sie wissen Bescheid. Wer nicht mal Berlin-Dresden ohne Probleme hinbekommt, dem bietet nach meinem Geschmack die Strecke Berlin-München eindeutig zu viel Potenzial zum Scheitern auf – Achtung: ganzer Strecke) ich zu einem Panel nach München, ich bin ja müde – ich habe abgesagt. Nun ist es ja nicht freundlich, auch wohlformuliert abzusagen. Es gibt aber ein Problem: Ich bin (selbstgewählt) gläsern.

Würde ich nämlich zu einer weißen Lüge greifen, sagen wir mal: Ich bin krank – da wäre das Staunen aber groß, wenn ich morgen was von der Veranstaltung twittere. Oder die Veranstalter etwas mit mir posten. Ich müsste jetzt auch irgendwas hier schreiben, das die Wahrheit elegant ausspart. Aufs Trainingsgerät hätte ich heute auch nicht steigen und trainieren können. Andere Geburtstagsgäste und ich sind miteinander dort vernetzt. Meine Trainingszeiten können sie mühelos nachschauen. Wer krank ist, fährt kein Rad. Außer Profis. Aber selbst wenn ich nicht gläsern wäre, wüsste so ziemlich jeder: Ein Radprofi bin ich nicht.

Also hab ich gesagt: „Es tut mir Leid, ich kann nicht. Ich brauche Ruhe, lass uns nächste Woche einen Wein trinken.“ Antwort Geburtstagskind: „Alles gut. Ich hab gesehen, was alles bei Dir los ist. Erhol Dich, freu mich auf nächste Woche!“

Gläsern ist also Pest und Fest. Und davon ganz unabhängig stimmt ja auch, was Freundin H. immer sagt: „Ich rechtfertige mich nicht dafür, was ich mit meiner Freizeit mache.“ Kluge Frau.