Pläne

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Ja ja, Pläne sind das, was man macht, um Gott zum Lachen… Es ist nicht sehr originell, und das Folgende ist auch nicht sehr Hippie-esque. Es ist aber nun mal, wie es ist: Ich find Pläne gut. Pläne uns alle nur leider gar nicht mehr.

Es war schon mal einfacher, Pläne zu machen. Kommenden Samstag zum Beispiel. Da fliege ich in den Urlaub. Stand jetzt. Ob ich wirklich fliege, da bin ich mir noch nicht so sicher. Und sollte ich tatsächlich ohne Zwischenfälle hier aus Berlin und vom Flughafen wegkommen, hab ich mir bei der Buchung vor zehn Monaten völlig ahnungslos, wie absurd alles werden kann, direkt noch eine potenzielle Stolper-Falle eingebaut: umsteigen.

Mir könnte das gelingen. Aber gelingt es auch meinem Gepäck?

Es ist ein sehr kleines Übel. Nur: Es ist meins. Ich möchte gerne in Urlaub, und ich möchte gerne mit Wechselwäsche in Urlaub. Und mit dicken Büchern und mit meinem eigenen Kopfkissen. Noch mal: Es sind Luxussorgen, keine Frage. So wie auch die von Freundin J., die gestern am französischen ÖPNV verzweifelte und deshalb morgen nicht nach Südfrankreich in ein Ferienhaus fährt, sondern stattdessen zum Zelten an die Ostsee.

Als ich J. meinen Respekt zollte (Zelten käme für mich aufgrund meiner Schusseligkeit niemals in Frage; selbst nach lediglich drei kurzen und kurzweiligen Tagen Zelten auf Festivals hassten mich alle Mitreisenden vorübergehend), waren wir uns einig in folgendem Punkt: Was geht es uns doch gut.

Luxussorgen also, ja. Ich mache sie mir trotzdem und bin dennoch in der Lage, mir auch Sorgen bezüglich des Krieges in der Ukraine zu machen und mir der Tatsache bewusst zu sein, wie gut es mir geht. Ambiguitätstoleranz ist nicht immer nur das, was die anderen haben sollten.

Was ja auch alles weiterhin unplanbar macht: Corona. Noch nie kannte ich so viele Leute mit Corona gleichzeitig. Vor ein paar Tagen erzählte mir jemand, die unheimlich vorsichtig ist seit Pandemie-Beginn, wie sie beim Arzt sagte: „Ich bin schwer erkältet und lasse die Maske lieber auf.“ Sie teste sich regelmäßig, fügte sie hinzu, und sei negativ. Der Arzt nickte wissend, bat sie, sich mit einem Test eines beliebigen anderen Fabrikats zu testen als bisher – und: bumms. Jetzt sitzt sie zu Hause. Positiv. Des Arztes These: Alle derzeit mit angeblich schwerer Erkältung haben Corona.

Man weiß es nicht. Einhellige Meinung gestern in mittelgroßer, nicht-repräsentativer Runde: Man lässt es gerade laufen trotz ja schon relativ krasser Hellziffer von über 700, weil man Motivation aufsparen will für Herbst und Winter. Wenn jetzt schon wieder alle genervt sind von Einschränkungen, was wird dann erst im November los sein? Vor allem, wenn dann wieder eine harte Variante grassiert? Fragt sich nur, warum wir dann zu Hause sitzen werden: wegen mit Corona und deshalb Home Office oder wegen ohne Energie im Büro und deshalb Home Office. Manche wegen beidem.

Und nun? Was ist die Folge der allgemeinen Unwägbarkeit? Was sollen wir machen? Oder auch: was nicht? Keine Pläne mehr machen? Nur noch halbherzig? Unverbindlicher werden? Was macht das mit uns? Verlernen wir, uns eineingeschränkt, kindlich-froh zu freuen auf Urlaube, Treffen, Konzerte, weil es ja jederzeit anders kommen kann?

A propos anders: Hellziffer von über 700. Und trotzdem ist doch mal ehrlich so gut wie nichts geblieben von „Jetzt, unterm Brennglas, wird nichts mehr sein wie vor Corona“, oder? Menschen schütteln wieder Hände. Fliegen. Tragen freiwillig so gut wie gar nicht mehr Maske. Auch Konferenzen sollen möglichst wieder in Präsenz stattfinden.

Und aus „Wir rücken alle nun enger zusammen im kollektiven Angesicht einer Pandemie“ scheint auch nichts Nachhaltiges erwachsen zu sein: Heute schrieb mir jemand, und das hörte ich auch schon von anderen, ihrem Empfinden nach seien alle gerade so hart miteinander. (Sie und ich nicht. Ich weiß, dass sie hier mitliest und schicke die weichsten Grüße in den Urlaub!)

Also. Wir wissen, wir bleiben doch irgendwie alle gleich, besser wird’s jedenfalls nicht. Damit müssen wir planen. Nicht gut, aber gut zu wissen. Denn das bedeutet: Wir machen weiter Pläne und freuen uns auch weiter, höchstwahrscheinlich. Die schlechte Nachricht: Wir werden enttäuscht werden, immer wieder und wohl öfter als früher. Und das ist aber eigentlich auch direkt die gute Nachricht: Die Hoffnung stirbt zuletzt. Wir verlernen das Hoffen nicht.