14. April 2022
Es ist eine Scheißnachricht, verzeihen Sie mir diese Ausdrucksweise. Aber ab einer gewissen Tragweite braucht es Drastik. Und Elon Musk als Alleinherrscher über Twitter wäre: eine Scheißnachricht.
Ich fange mal an mit dem Grundsätzlichen, von Musks Person Losgelösten. Und steige dafür ein mit einer anderen Person: Mark Zuckerberg. Wir sehen doch, was bei Facebook los ist. Und auch bei WhatsApp. Und bei Instagram. Dass wir bei Letzterem alles gar nicht so schlimm finden, liegt daran, dass das Hassloch namens Facebook die Maßstäbe setzt. Der Hass, die Aufrufe zum Genozid, das live Streamen von Amokläufen, die gigantischen Datenlecks, die gefährliche Verbreitung von Desinformation – der Metakonzern kriegt es nicht in den Griff. Man kann auch einfach sagen: Zuckerberg kriegt es nicht in den Griff. Denn Zuckerberg hat die goldene Aktie, er hat das letzte Wort. Er verfügt über eine Machtfülle, von der Regierungschefs träumen. Nur hat er es während der explosionsartigen Entwicklung des Studentenbuden-Projekts zum Megakonzern versäumt, die Unternehmensstrukturen anzupassen.
Was Zuckerberg inzwischen zumindest ein kleines Stück an die Realität angepasst hat: seine einst naive Vorstellung vom Nutzen der Redefreiheit in Zeiten der sozialen Netzwerke. Die Leugnung des Holocaust war lange Zeit erlaubt auf Facebook. Immer wieder konfrontiert mit dem weltweit erstarkenden Antisemitismus, zuckte “Zuck“ nur mit den Achseln. Ihn als Juden würde das durchaus schmerzen – aber: Redefreiheit. Es dauerte Jahre, bis er seine Meinung änderte.
Elon Musk wirbt für sein Vorhaben, Twitter zu kaufen und von der Börse zu nehmen, mit: genau, der Meinungsfreiheit. Nur so könne sie gewährleistet bleiben. Sagt einer, der Journalisten nach kritischen Berichten bei Presseterminen nicht dabei haben will. Der blockt, wenn er kritisiert wird.
Und: Sagt einer über eine Plattform, die so gut wie gar nicht mit Strafbehörden kooperiert, wie deutsche Strafermittler sagen. Meistens wird das Problem im Zusammenhang mit Facebook thematisiert, weil es hierzulande immer noch von viel mehr Menschen genutzt wird und Twitter wirklich selten im Vergleich. In puncto Zusammenarbeit mit Staatsanwaltschaften aber schneidet Facebook viel besser ab. Von Twitter komme da so gut wie gar nichts, sagen diejenigen, die es regelmäßig versuchen.
Wenn nun also ein hyperreicher, als Nutzer schon erstaunlich verantwortungslos und impulsiv ob seiner Reichweite und Strahlkraft agierender Elon Musk Twitter kauft und den Wünschen und Vorstellungen von Aktionären entzieht – ein Mann, der unter anderem auch ein Satelliteninternet (StarLink) besitzt – dann kann das nicht richtig sein. Und gut schon gar nicht, zumindest nicht für die Welt. Wir haben gesehen, was allein “nur“ ein US-Präsident mithilfe von social media anrichten kann.
Musk wäre die digitale Version von Citizen Cane.
Nichts auf dieser Welt von der Größenordnung eines sozialen Netzwerks sollte von einem Mann allein regiert werden. Und schon gar nicht von einem, der so tut, als hätte er allein der Ukraine StarLink zur Verfügung gestellt. Denn das stimmt anscheinend gar nicht.