30. Mai 2022

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30. Mai 2022

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Ich kann erst heute etwas zu diesem leidigen Thema schreiben, weil ich gestern sehr lange Autobahn gefahren bin und vorher sehr schön geurlaubt habe. Urlaub und Bloggen, habe ich festgestellt, schließen einander bei mir anscheinend aus.

Nun aber bin ich bereit, und ich bin einigermaßen aufgebracht. Keine Ahnung, wie schön ein Urlaub sein soll, damit ich mich nicht aufrege über diesen Stuss, den Sie da oben lesen, hören und sehen. (Es handelt sich um eine indirekte rhetorische Frage. Ich hatte großartige Tage und bin trotzdem auf 180. Mein Puls sagt also nichts über meinen Urlaub aus, sondern über das einmal mehr unfassbar plakativ ausgestellte Versagen unserer Politik.)

Das ZDF Magazin Royale hat mal wieder einen super Job gemacht. Und dieses Mal belegt, wie überfordert und auch unwillig man teilweise bei der Polizei ist, wenn es um die Ahndung von Hassverbrechen im Netz geht. 16 “Korrespondent*innen“ der Sendung haben am selben Tag in allen 16 Bundesländern je sieben identische Hassverbrechen auf einer Polizeiwache vorgelegt. Die Ergebnisse der anschließenden Polizeiarbeit fielen höchst unterschiedlich aus und zeigten, wie dringend notwendig eine fundierte Schulung ist. Aber eben auch die Motivation der Beamten.

So weit, so bekannt. Deswegen schreibe ich „belegt“ und nicht „herausgefunden“. Wer hat sie noch nicht gehört, die Geschichten von genervten Polizisten, die Screenshots verlangen. Die sagen: „Dann gehen Sie halt nicht ins Internet.“ Und das ist keine Anekdote von 1988. Die nicht wissen, wie man Links zu Tweets kopiert. Die überfordert sind von Meldewegen. Welche wiederum von den Plattformen allerdings auch absichtlich kompliziert gestaltet sind, damit die halbjährlich ans Bundesamt für Justiz zu meldenden Zahlen möglichst niedrig bleiben. Sonst wird noch das volle Ausmaß des Problems bewusst. Und das Versagen der Tech-Riesen. Und sonst muss man womöglich mehr Leute einstellen, die moderieren, monitoren, melden. Und verdient hinterher weniger Geld. Nicht auszudenken! Facebook heißt schließlich Facebook und nicht Caritas. Dermaßen kompliziert waren zwischenzeitlich die Meldewege, dass – Achtung, jetzt gut auf Subjekt und Objekt achten – Staatsanwälte und Polizeibeamte geschult wurden durch Mitarbeiter von Twitter. Genau. Nicht die Firmen richten sich nach den Anforderungen von Staaten, nein, die Staatsbediensteten lassen sich wie treudoofe Dummies erklären, wie es geht. Oder eben nicht.

Das ist aber nur ein Aspekt, und da richtet sich meine Wut nicht gegen Nancy Faeser. Auch nicht, weil die so tut, als gäbe es keinen Föderalismus, der die Strafverfolgung zur Ländersache macht. (Danke, Nationalsozialismus.) Nein, ich werde in dem Moment sauer auf Nancy Faeser, in dem sie quasi implizit behauptet, Polizisten wären die Einzigen, die keine Ahnung und/oder keinen Bock haben. Denn das ist ja blanker Unsinn.

So lange auch diese Bundesregierung in punkto AllesWasMitDigitalemZuTunHat im Schneckentempo unterwegs ist und auf Sicht kriecht („Datenhighway“ ist ein schlimmes Wort, das irgendwie auch schon so viel sagt, oder?), muss man sich auch nicht wundern, wenn Polizisten morgens nicht mit gezückter Tastatur und entschlossenem Blick die Wache betreten mit dem festen Vorhaben, das Social Web heute ein Stückchen besser zu machen. Wenn immer erst dann was gesagt wird zum Thema, wenn gerade wieder was Schlimmes passiert ist wie etwa ein via Telegram-Gruppe organisierter Fackelmarsch (zweite Nazi-Parallele, kein Wunder, der Hass im Netz kommt ja vor allem aus dieser Ecke) – warum zur Hölle sollen dann Polizeibeamte sich berufen fühlen, dieses Problemfeld jetzt zu priorisieren?

Der Fisch stinkt vom Kopf. Politik und beherztes Handeln in Sachen Interweb schließen einander wohl aus. Schade. Vor allem für alle Opfer des Hasses.