25. März 2022
Gestern Abend habe ich mich freigetestet. 10 Tage lang war ich positiv, CT-Wert anfangs 12, das ist ordentlich. Der Verlauf war sehr mild, ich schiebe das auf 3 Impfungen (2x Biontech, Booster mit Moderna), aber wer weiß das schon. Heute Morgen hatte ich endlich keine Kopfschmerzen mehr, war aber nach 45 Minuten Spaziergang fix und fertig. Und nach dem Supermarktbesuch, wo alle Maske trugen. Ich FFP3. Die ich bestellt habe, als der so genannte Freedom Day feststand.
Irgendetwas, das Sie an diesem Absatz inhaltlich nicht verstehen? Nein, oder? Dann denken Sie mal zwei Jahre zurück.
Gerade komme ich in die Wohnung, nachdem ich auf einen Wein mit den Nachbarn zusammenstand. Draußen. 300.000 Neuinfektionen, Dunkelziffer angeblich doppelt so hoch. Wir waren ungefähr zu zehnt. Und sprachen über – ja, den Krieg. Corona war meine willkommene Abwechslung die letzten 2 Wochen. Können Sie verstehen? Dann denken Sie mal vier Wochen zurück. Vier Wochen und zwei Tage.
Wir sprachen über Bargeld zu Hause. Reisepässe. Zu wem in welchem sehr weit entfernten Ausland wir fliegen würden. Über Hyperschallraketen. Über das Verhältnis der Klitschkos zu Wolodimir Selenskij, über Andrij Melnyks USP, das Undiplomatische.
Und über den Tankrabatt haben wir gesprochen. Über 9 für 90, über Annalena Baerbocks Reaktion auf Friedrich Merz in der Debatte rund um feministische Außenpolitik. Über Habecks Kommunikation ob des Deals mit den Kataris.
Sie verstehen nur Bahnhof? Dann denken Sie mal ein Jahr zurück.
Deshalb lacht ein Auge, wenn Fischstäbchenpizza trendet („trenden“ ist auch noch nicht so lange bekannt). Es ist zumindest auf abstrakter Ebene so leicht. So egal – und ja auch ein bisschen geil. Eine Zeitlang gehörte Toast mit Salami und Mayo unter und auf der Salami plus Erdnussbutter zu meinem Lieblingsessen. Ich bin empfänglich für Schweinereien. (Der Döner wird heute übrigens 50.) Das war ein teures Vergnügen; ich brauchte neue Hosen.
Das andere Auge weint. Ich möchte gerne eine Zeit zurück, in der ich all diese Absätze nicht verstanden habe. Ich weiß, die Welt war nie ideal. Idealer als jetzt aber schon.
Ich gehe jetzt ins Bett. An einem Freitagabend gegen halb zehn. Das hätte ich vor 20 Jahren auch nicht verstanden. Vor zehn Jahren auch nicht, wenn ich’s mir recht überlege. Nicht nur, weil‘s da noch kein Corona gab. Wir werden alt. Hoffentlich.