18. Mai 2022
Ich war heute Abend eingeladen. Ja, das Sozialleben eskaliert, es ist der blanke Wahnsinn. Mein Leben ist eine einzige Polonaise.
Sinnigerweise ging es in der Veranstaltung um Einsamkeit.
Besonders jüngere Leute (in den Zwanzigern) und Ältere bezeichnen sich überdurchschnittlich häufig als einsam, habe ich gelernt. Die Jüngeren, weil eine neue Lebensphase beginnt. Schule vorbei. Ausbildung, oft in einer neuen Stadt. Ältere – das Phänomen kennt man.
Vor allem Frauen sollen betroffen sein, aber eine Teilnehmerin zog das in Zweifel: Sie würde das nicht eine Sekunde lang glauben, sagte sie. Sondern vielmehr davon ausgehen, dass Frauen besser in der Lage sind, ihre Gefühle zu kommunizieren. Das halte ich für sehr schlüssig. Aber man weiß es natürlich nicht.
Die Veranstaltung war erstaunlich lustig und – natürlich – sehr geprägt vom Thema Pandemie. Es waren sehr schlaue Frauen dort (ein Frauennetzwerk soll geknüpft werden, deshalb), drum nahmen die Diskutantinnen die intellektuelle Hürde locker und gelangten schnell über das ja einigermaßen simple „Wir waren ja oft einsam in der Pandemie“ hinaus.
Zwei Punkte fand ich interessant: Eine Frau im Publikum engagiert sich ehrenamtlich in einem Wahlpaten-Verein. Menschen ohne Enkel zum Beispiel gehen in Familien, denen wiederum die Großeltern fehlen. Weil sie zu weit weg leben. Oder gar nicht mehr. Diese Ehrenamtliche erzählte, die Wahlpaten hätten, vor die Wahl gestellt zwischen Immunschutz und weiterhin Kontakt zu „ihren“ Familien, letzteres gewählt. Sehr logisch, wenn man drüber nachdenkt. Wer sich eine Familie sucht, will nicht mehr einsam sein. Und dann kommt Scheiß-Corona.
A propos: Es ist manchmal auch okayes Corona. Ein, zwei Begleiterscheinungen haben es ja auch auf die Positiv (pun intended)-Liste geschafft. So werde, zweiter für mich interessanter Punkt, dank des Virus inzwischen offener über Einsamkeit gesprochen, berichteten anwesende Politikerinnen. Ein Teil des Stigmas sei verloren gegangen. Niemand vermisst es. Es können sich gern noch mehr Teile dazu gesellen.
Über Affenpocken möchte ich trotzdem nicht nachdenken.