10. April 2022
Eine Ministerin, die sagt, schon vor dem Wechsel in die Bundespolitik völlig überlastet gewesen zu sein – und damit begründet, nicht zurückzutreten.
Ein Bundesgesundheitsminister, der das eine mitbeschließt und das andere twittert. Und eine Kehrtwende in einer Talkshow verkündet.
Eine Außenministerin, die von allen Seiten plötzlich kolossal viel Lob bekommt – auch von denen, die allein ihre Existenz als massive Gefahr für den Fortbestand der Menschheit gehalten hatten.
Ein Bundestag, der nach der Zuschaltung des ukrainischen Präsidenten zur Tagesordnung übergeht.
Ein Kanzleramtsminister, der sich auf ein Panel setzt und öffentlich diskutiert mit einer (natürlich) aufgebrachten und von Deutschland aufs Bitterste enttäuschten ukrainischen Politikerin.
Ein Kanzler, der die auch zum Protokoll einer Ministerpräsidentenkonferenz gegebene Wut von 16 – also allen – Ministerpräsidenten und -präsidentinnen unbeirrt “zur Kenntnis“ nimmt.
Viel wurde in den vergangenen Wochen, seit Kriegsbeginn, über die Kommunikation dieser neuen Regierung geschrieben und geredet. Viel Euphorie machte sich breit. Vor allem Robert Habeck, der sein Unbehagen zum Beispiel ob seines Besuchs bei den Kataris offensiv thematisiert, und Annalena Baerbock, die den Grat zwischen klaren Ansagen und Zündeln definieren kann, wurden bejubelt und werden es noch. Die Frage kam auf, ob das jetzt der neue Stil sei. Wer die daran geknüpften sehr hohen Erwartungen ein wenig dämpfen wollte, beschränkte diese neue Art des Umgangs mit Politik und Wählern und deren Intelligenz auf die Grünen. Das ist seit heute Abend kurz nach 21 Uhr allerdings auch keine stichhaltige Argumentation mehr.
Es ist wohl kein neuer Kommunikationsstil. Einige machen es anders gut als ihre Vorgänger, andere machen es anders schlecht als ihre Vorgänger. Anders ist: Es herrscht Pandemie, und es herrscht Krieg. Beides für sich schlimm, alles zusammen – tja. Gute Nacht.