The end of the world as we know it?
Mark Zuckerberg kündigt gut 13% seiner Belegschaft. Was Elon Musk vom Zeitpunkt meines jetzt gerade in diesen Sekunden stattfindenden Tippens bis in zirka 30 Minuten, wenn ich den Text veröffentliche, getan hat oder nicht oder doch oder vielleicht anders oder trial and error oder „i just killed it“ – keine Ahnung und keine Energie, es nachzuverfolgen. Ich bin kein Ticker, und selbst als solcher wäre ich wahrscheinlich kurz vorm Nervenzusammenbruch.
Fakt aber ist: Bei Twitter geht es rund, und bei Meta läuft es auch anders, an der Börse zum Beispiel: Da ging es zuletzt bergab. In beiden Konzernen ändert sich was. Hier sei der Fairness halber angemerkt, dass die Entlassungen bei Meta deutlich, deutlich humaner ablaufen als bei Twitter.
Wo aber geht es hin? Eine Ära scheint zu enden, und wie sieht die neue aus?
Bei Meta zeigen sich mehrere Widersprüchlichkeiten. Heute ist die ARD/ZDF-Onlinestudie erschienen. Zeigt sich: Facebook ist immer noch das meistgenutzte Social Network in Deutschland. Gefolgt von Instagram – einer Tochter von Zuckerbergs Meta-Konzern, genau so wie Facebook.
Und doch entlässt Meta etwa 11.000 Mitarbeiter. Warum?
Zunächst einmal geht der Trend in der Tech-Branche allgemein dorthin. Musk hat rund 3.700 Leute rausgeschmissen – anders kann man das nicht formulieren. Snapchat spricht 1.300 Kündigungen aus. Der Guardian sieht einen Grund dafür in einem Corona-Backlash: Von Lockdown und Home Office hätten die Techriesen profitiert, denn wer zu Hause sein musste, glich den Mangel an echten sozialen Kontakten zum Beispiel durch die Nutzung sozialer Netzwerke aus.
Ein weiterer Grund: Die nächste Krise, die Corona ja längst überlagert. Die Werbekunden halten sich in Anbetracht teils zweistelliger Inflationsraten und drohender Rezession zurück. Das trift auf eine für Facebook, Meta und Zuckerberg schon vorher einsetzende Entwicklung: abwärts. Erstmals in der Facebook-Geschichte gingen im ersten Quartal dieses Jahres die Nutzerzahlen zurück. Im zweiten dann der Umsatz. Das kannte man in Palo Alto bis dahin auch noch nicht.
Ein Spezifikum bei Facebook: Es verliert an Bedeutung, nämlich bei den Jüngeren. Die nutzen lieber Instagram, Snapchat und TikTok. Was man nicht zuletzt an der TikTokisierung von Instagram sieht: Storys und so genannte Reels, die den TikTok-Video nachempfunden sind, werden dort gehypt. Ein typischer Zuckerberg-Move: Wenn du Konkurrenten schon nicht schlucken kannst, um sie aus dem Weg zu räumen, dann kopier sie halt. (Geronto-Einschub: Snapchat spielt in meinem Alltag überhaupt gar keine Rolle; TikTok nutze ich nur passiv, worüber wir alle froh und dankbar sein sollten.)
Außerdem setzt Mark Zuckerberg seit geraumer Zeit vor allem auf sein Metaverse; auf virtual reality, das er für die Zukunft hält. Ob das wirklich so kommt, keine Ahnung, er jedenfalls glaubt fest dran, und wer sind wir, dem social media-Pionier ein gewisses Gespür abzusprechen?
Die Gegenwart ist das Metaverse jedenfalls noch nicht. (Hoffentlich, ich glaube eher nicht dran, aber wer bin ich…. kümmern sich politisch Handelnde bereits jetzt, sollte Metaverse sich durchsetzen, um mögliche Kollisionen mit demokratischen Grundwerten und daraus folgende notwendige gesetzgeberische Flankierungen!) Deshalb finden Facebooks Aktionäre nur so halb witzig, – und Humor ist an der Börse eh keine Schlüsselkategorie – dass Zuckerberg Facebook schleifen lässt und Geld und Energie lieber in seine Vision pumpt. Verluste sind die Folge, und nun eben Entlassungen. Wie bei Twitter. Wo unter anderem Leute gehen mussten, die für die Bekämpfung von Hassrede zuständig waren.
Das lässt nichts Gutes erahnen. Meiner Ansicht nach war es kein Zufall, dass man bei Meta zeitgleich mit den plötzlich sinkenden Zahlen bei Nutzern und Umsatz plötzlich darüber nachdachte, sich doch wieder etwas lockerer zu machen im Umgang mit Fake News.
Eine Zeitenwende also? Und falls ja: Was folgt? Was folgt darauf und was folgt daraus? Wird es jetzt noch zügelloser? Global gesagt: schlimmer? Oder besser? Kommen neue soziale Netzwerke, boomen dezentrale Lösungen wie Mastodon? Nehmen womöglich gerade irgendwo Menschen, Institutionen gar, Geld in die Hand, das Wort „gesamtgesellschaftliche Verantwortung“ ernst, und bauen was Neues? Etwas, das uns verwöhnten Nutzern entgegenkommt? Die wir eine schnelle und sehr userfreundliche Infrastruktur bisher als gegeben erachtet haben und gewohnt sind und nicht missen wollen? Oder kommunizieren wir anders? Oder bleiben wir irgendwie doch mehr oder weniger alle bei Twitter, weil wir den Überblick über all die Schurken und Geflechte verloren haben, die wir beim Konsumieren beachten sollten?
Es gibt einen ziemlich nervigen und peinlichen Mechanismus in den sozialen Netzwerken und natürlich auch im real life: So zu tun, als hätte man auf alles eine Antwort. Nun weiß ich endlich, wozu der gut ist. Er verleiht mir eine gewisse Eleganz und Klugheit, wenn ich schreibe: Ich weiß es nicht.