Hallo U-Boote! Oder: Vielleicht tut Musk uns allen ja…
„Es ist nahezu unmöglich, den aktuellen Stand zusammenzufassen, ohne kurz darauf schon wieder von der Realität überholt zu werden.“ Julia Jäkel schreibt in der Süddeutschen über Twitter unter Musk. Das ist bemerkenswert, zumal die Online-Süddeutsche den Gastbeitrag (Paywall) der ehemaligen Chefin von Gruner & Jahr sogar zum Aufmacher machte. Jäkels Kernbotschaft, unmissverständlich zusammengefasst in der Überschrift, lautet: „Stoppt Elon Musk“.
Dafür ist es wohl ein wenig zu spät. Ja, Werbetreibende haben jetzt zum Teil erstmal aufgehört, auf Twitter zu werben. Ich kann mich aber noch bestens erinnern, wie schnell der Facebook-Boykott immens großer Unternehmen wieder vorbei war. Und die hatten einen handfesten Grund für ihre Aktion angegeben: Sie warfen Facebook vor, aufgrund seiner miesen Moderations-Policy einen nicht geringen Anteil zum Tod von George Floyd beigetragen zu haben. Wie gesagt: Man kehrte nach wenigen Wochen wieder als Kunde zu Facebook zurück.
Ja, es gibt Mastodon. Aber.
Unternehmen wollen Geld verdienen, Mastodon verhält sich zu Twitter wie der Fiat Panda meiner Schulfreundin Ilka, aus dem alle Mitfahrerinnen aussteigen mussten, weil er es sonst nicht mal auf nun auch nicht so hohe sauerländische Berge geschafft hätte, zu einem Tesla. Noch – wer weiß – ist Mastodon ein Liebhaberstück und ein Statement. Aber keine Alternative zu Twitter.
Und trotzdem, auch wenn man zur Glas-halb-leer-Sicht neigt: Jäkel fragt, wie es sein kann, „dass wir bis jetzt keinen Gesetzesrahmen erlassen haben, der so eine Entwicklung verhindern kann“, also dass jemand allein über ein solches Netzwerk herrscht. Was ja selbst im Falle eines nicht so „quirligen“, wie die NZZ Musk irritierend verniedlichend charkterisiert, Typen schlicht schlecht wäre.
Alleinherrschaft ist immer schlecht.
Aber Jäkel fragt eben. Und so viele andere Medien gehen ähnlichen Fragen nach, ebenso die Politik. Ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass dieses U-Boot-Verhaltensschema – immer dann auftauchen, wenn sich oben was Unüberhörbares tut – aufhört. Und endlich eine Debatte darüber in Gang kommt, was Alternativen (PLURAL! Nicht nur bei Energielieferanten sollten Abhängigkeiten vermieden werden!) sein könnten und wie Demokratien ihren Teil dazu beitragen können, sie von Anfang an so einzuhegen, dass sie keinen exorbitanten Schaden anrichten.
Denn was auch aufhören muss: diese jämmerliche Blaupausen-Rhetorik. Es sind nicht mehr neue Medien, es sind nicht mehr immer neue Probleme, die auftauchen. Es sind nur immer mehr, weil die nach und nach neu auftretenden und alternden nicht gelöst werden und sich zu Bergen auftürmen.