Der kurzsichtige Mr. Zuckerberg

Der kurzsichtige Mr. Zuckerberg

„Kannst du dir das vorstellen: Die haben Eva bei Meta rausgeschmissen.“ Meine Bekannte Berit steht fassungslos vor mir. Ich kann’s verstehen und mir nur ansatzweise vorstellen, wie fassungslos Eva erst sein muss. Die hat nämlich vor gerade mal acht Wochen Berlin mit Sack und Pack verlassen, um in London bei Meta anzufangen. Im September. Aus ihrem alten Job abgeworben von einem Headhunter. Da dachte Mark Zuckerberg wohl noch, es würde laufen.

Tut‘s aber nicht. Zuckerbergs Traum vom Metaverse ist womöglich ein realistischer; seine Aktionäre sehen das aber anders. Also kündigte Zuckerberg vorvergangene Woche etwa 11.000 der rund 80.000 Mitarbeiter, immerhin rund 13 Prozent der Belegschaft. Eine von ihnen war Eva.

Das ist momentan keine Meta-Besonderheit. Auch die anderen Tech-Riesen feuern Leute. Der Social-Media-Boom während der Corona-Lockdowns ist vorbei; wir können einander wieder in echt treffen statt auf den Plattformen. Hinzu kommen eine galoppierende Inflation und drohende Rezession, die Werbekunden zurückhaltender macht.

Hinzu kommen individuelle Probleme. Bei Twitter ist es Elon Musk. Bei Facebook bahnte sich der Niedergang bereits seit Längerem an. Im ersten Quartal dieses Jahres sanken zum ersten Mal in der Firmengeschichte die Nutzerzahlen, im zweiten dann auch noch der Umsatz. Und wie reagierte Facebook? Mit einem Wort: beschämend. Ob man womöglich nicht mehr ganz so entschieden gegen Fake News vorgehen wolle, wurde da mal angedacht. Fake News schaffen Aufmerksamkeit, Aufmerksamkeit lässt und länger auf den Seiten verweilen, wir lassen mehr Daten da, Unternehmen können ihre Werbung umso besser auf uns zuschneiden, die Social Media-Plattformen entsprechende Preise für diese Werbeflächen verlangen. Ding, Ding, Ding, Ding, Ding – da klingelt die Kasse!

Dieser Mechanismus greift nun wieder: Vergangenes Jahr noch verbannte Facebook Donald Trump. Das war nach dem Sturm aufs Kapitol. Tja, und was lesen wir nun? Facebooks Faktenchecker dürfen Trumps Aussagen nicht mehr checken, berichtet CNN. Posten kann er dort weiterhin nichts (warten wir mal ab, wie lange noch), aber auch seine außerhalb von Facebook getätigten Aussagen sind tabu. Und das ausgerechnet bei einem notorischen Lügner, dem US-Medien zigtausend Falschaussagen während seiner Amtszeit als US-Präsident nachgewiesen haben.

Ja, Facebook checkt generell keine Politikeraussagen auf ihren Wahrheitsgehalt. Das ist problematisch genug. Nur: Trump ist kein Politiker wie jeder andere. Dass man sich bei Facebook nun, da Trump seine erneute Kandidatur angekündigt hat, nicht auch so entschieden hat, weil es Geld bringt – das glauben wohl nur Leute, die auch das Märchen von der gestohlenen Wahl glauben.

Es ist ein durchsichtiger und ein kurzsichtiger Schritt, den Meta da tut. Ebenso kurzsichtig, wie es die Anstellung von Eva und anderen Leuten in der jüngeren Vergangenheit war. Nur: Menschen kann man rausschmeißen. Hass und Lügen aber verbreiten sich. Und lassen sich, einmal in der Welt, nur schwer wieder einfangen.