15. März 2022

15. März 2022

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Seit gestern habe ich Husten, seit heute Morgen habe ich zwei Striche auf dem Schnelltest, heute Morgen sagte mein Arzt beim Blick in den Rachen, noch bevor er ein Stäbchen erst bis in meinen Magen und anschließend bis unter meine Schädelecke schob: „Corona-Rachen. Ich teste dich trotzdem mal.“ Jo. Keine Angst, das wird jetzt nicht das 800. Corona-Tagebuch. Ich bin krank, die ununterbrochene Nieserei nervt – aber es könnte viel, viel schlimmer sein, ich gieße mir gleich eine Mass Wick MediNeit hinter die Binde und schlafe mich meiner Genesung entgegen*, UND SOCIAL MEDIA NERVT AUSSERDEM NOCH VIEL MEHR.

Ich bin hartgesotten, was Twitter angeht. Aber nach Bekanntmachung meiner Erkrankung ist unter meinen sich auf meine Infektion beziehenden Tweets alles, ich wiederhole: alles kumuliert, was man an Unverantwortlichkeit, an Hass, an Bräsigkeit und, irgendjemand muss es mal aussprechen, an Dummheit kennt. (In überwiegender Zahl waren es freundliche Genesungswünsche. Ich will nicht undankbar klingen; über jeden habe ich mich wirklich gefreut. Aber: Das ist ja normales Verhalten. So wie einfach auch gar nicht drauf zu reagieren. Ich bin ja nicht die Queen. Deshalb reagiere ich hier wiederum auf die kommunikativ Auffälligen. Nicht aufgrund ihrer Überzahl.)

Da sind erstens die, die sich freuen, dass es nur eine mittelschwere Erkältung ist. Nicht, weil ich ihnen so sehr am Herzen liege. Sondern, weil sie das ja immer schon gesagt haben. Weil sie vielleicht keine Virologen sind, nicht mal Mediziner. Aber schlauer. Universell. Sie besitzen keine Abschlüsse in dem Fachgebiet (gerne variierend, die Bandbreite reicht von Virologie über Sicherheitspolitik bis hin zu Pharmazie), in dem sie gerade in den Sozialen Medien reüssieren. Sie besitzen keine Prädikate. Ihre Kompetenz weist sich ihrer Ansicht nach im Beifall anderer ihres Schlages aus.

Zweitens sind da die radikalen Imfpgegner. Die ebenfalls lässig den großen Bogen spannen. So wie die Frau, die mir heute antwortete, erst wären es die Juden gewesen, dann die Impfgegner, dann die Russen. Ich habe meine Zeit nicht gestohlen, deshalb schreibe ich hier zu solchen Leuten nichts und habe den Account geblockt.

Der Übergang zur dritten und für mich persönlich am schwierigsten zu handelnden Gruppe: Die, die entweder schlecht informiert sind, oder aber so tun. Die meine Infektion als Beleg dafür begreifen, dass a) die Impfung nichts nutzt und/oder b) dasselbe für das Masketragen gilt. Mein jeden Tag bei der Arbeit ausgelebter, tief sitzender Impuls lautet: Sachverhalte, Zusammenhänge erklären. Nur: Wer hat es im dritten Pandemiejahr wirklich noch nicht verstanden? Wer tut nur so? Wie viel Rücksicht muss man auf Leute nehmen, die sich nicht informieren wollen? Man muss sich angestrengt haben, und zwar enorm, um nicht Bescheid zu wissen. Ich wage gar die Behauptung: Sich nicht zu informieren, war von einem gewissen Zeitpunkt an anstrengender, als es zu tun. Und dieser Zeitpunkt liegt, grob und vorsichtig geschätzt, mehrere Monate zurück.

Nun habe ich in meinem direkten Umfeld Leute, die hochgebildet sind. Akademischer Abschluss. Und trotzdem, nach zweimaliger Infektion, immer noch nicht verstanden haben, was Phase ist. Oder ab dem Moment, in dem sie es nach vierfacher (!) Impfung haben, schludrig werden. Sie müssen ja keine Angst mehr haben, es zu kriegen. Es ist nicht unbedingt (nur) eine Frage der Intelligenz.

In der Krise zeigt sich der Charakter.

Ich habe hier ja bereits erwähnt, dass mich die Pandemie nun eine Freundschaft gekostet hat. Kein leichter Schritt. Nun sind einige meiner Freunde auch in den sozialen Medien, aber die sozialen Medien werden nicht von ihnen bevölkert. Entsprechend zackig lief das heute. Ich habe meiner ungeduldigen Seite freien Lauf gelassen. Und geblockt. Wegen doof. Und werde das fortsetzen. Long Covid, Self Care-Version.

*Dass ich von Long Covid verschont bleibe, kann ich nur hoffen.