8. Mai 2022
Den diesjährigen Muttertag begehe ich in Düsseldorf bei Freundin L. L. und ich kennen uns seit dem allerersten Tag unseres Studiums. Wir hatten dieselbe Fächerkombi, mussten wegen einer Vorlesung ein Proseminar früher verlassen. L. kündigte das an, ich lief hinterher, die kommenden Jahre liefen und tanzten wir viel und oft zusammen. Inzwischen ist L. Seit 15 Jahren verheiratet, so lange kenne ich auch ihren Mann, die beiden haben drei Kinder, und die fünf sind miteinander sehr zufriedene Leute. Hier gab‘s heute Morgen Blumen, einen Ballon und Streit darum, wer ihn kaputt machen darf. Alles normal, laut und schön mitanzusehen.
Meine Mutter lebt nicht mehr. Der Muttertag war ein großes Ding für sie. Erstens neigte sie ohnehin zu unglaublicher Korrektheit (nie werde ich vergessen, wie sie für einen Nachtisch 400 Gramm Amarettini brauchte. Zerbröselt. Als Topping. Und mich hektisch zum Einkaufen schickte: Sie hatte nur 380 Gramm), und zweitens war sie eine überaus große Freundin von Ritualen.
Nun ist sie also nicht mehr da. Gestern las ich den Satz: „Normalerweise rufen wir am Geburtstag der Mutter einmal an, und dann ist dieses Ereignis aus dem Kopf verschwunden. Nachdem die Mutter stirbt, denken wir nahezu den ganzen Tag an sie.“ Dasselbe gilt für den Muttertag.
Der Satz stammt aus „mutterseelenallein – Eine Tochter findet ihren Weg“. Meine Kollegin Britta Buchholz hat es geschrieben, es ist gerade erschienen, und ich habe es durch. Es ist ein kluges Buch. Sehr persönlich und gleichzeitig glaube ich, jede Tochter kann etwas daraus für sich ziehen. Auch wenn die Mutter noch lebt. Es ist ein Buch über das vielleicht krasseste Verhältnis zwischen zwei Menschen, wie Britta schreibt: Die Hirnareale zwischen Müttern und Töchtern ähneln sich sehr. Ein Buch über eine unvergleichliche Liebe, aber auch verunglückte und unglückliche Beziehungen zwischen Müttern und Töchtern, über Abschiede, Schicksale, Neuanfänge, tiefe Löcher und Chancen.
Ich denke heute auch an meine Mutter, immer mal wieder. Und an einen weiteren Satz aus Brittas Buch: „Es gibt eine Schuld dem Leben gegenüber. Leben zu dürfen, ist ein Privileg.“