3. März 2022
Die Nachbarin, die Urlaub genommen hat, um sich um Flüchtlinge zu kümmern.
Die Kollegin, die für einen Ernstfall die Reisepässe der Familie überprüft hat.
Der Freund, der eine WhatsApp-Gruppe gegründet hat, die er laufend mit Infos versorgt, welche Hilfsorganisation mit welcher Adresse hier in Berlin gerade welche Güter dringend braucht.
Die Bekannte, deren Babysitterin ein Kurbelradio gekauft hat.
Der Vater der Nachbarin, der mit einem Kanister Diesel angereist ist aus Angst, sonst nicht mehr wegzukommen.
Der Fünfjährige, der sich von sich aus von Spielzeug getrennt hat. „Für die armen Kinder“.
Die Friseurin, die sagt: „Ich kann nach diesen letzten zwei Jahren diese Nachrichten nicht auch noch konsumieren. Ich bin wund.“
Der gerade erst eröffnete kleine Hipster-Projektraum mit Schaufenster um die Ecke, gedacht für Ausstellungen, Workshops, Lesungen, in dem die drei jungen Gründer vorhin inmitten von bis oben hin gepackten Spendentaschen saßen.
Der Hamsterkauf am Wochenende, dominiert von Konserven, Müsli und H-Milch.
Die polnische Putzfrau von nebenan, deren Sohn jetzt zwischen Berlin und der Heimat seiner Eltern pendelt, wo er Geflüchtete aus der Ukraine mit Windeln, warmen Hosen und Tampons versorgt.
Der Verwandte, der viel Geld von der Bank abgehoben und den Bargeldvorrat bei sich zu Hause aufgestockt hat.
Die Radiomoderatorin, die die Ankunftszeiten von Zügen aus Polen mit Geflohenen nennt und dazu ermuntert, zum Hauptbahnhof zu fahren und sich ihrer anzunehmen.
Der Gedanke: „Gut, dass Mama das nicht mehr erleben muss.“
Das ehemalige chilenische Aupair einer Freundin, das angerufen und zu ihr gesagt hat: „Wenn es gefährlich wird, könnt ihr alle fünf kommen.“
Die vielen Freunde, die sich hier schon eingetragen haben.
Menschen ringen mit dem Glauben in die Menschheit. Menschen liefern Gründe für den Glauben in die Menschheit.