20. April 2022
Xavier Naidoo gehts wieder besser. Er ist jetzt kein Antisemit mehr, nicht mehr homophob, er hängt keinen Verschwörungsmythen mehr an. Fragten sich Fans spätestens seit Beginn der Pandemie – ja, es gibt eine Pandemie – oft bang, ob ihr Idol womöglich der nächste Promi sein würde, der durchdreht und wirre Videos verbreiten, scheint Naidoo gegen den Wendler-Nena-Strom zu schwimmen. Behauptet er jedenfalls im Video. Kein leichter Weg, sollte er ihn tatsächlich eingeschlagen haben.
Aber geht das? Kann man sich so tief verirren im Dickicht des Wahnsinns und dann doch wieder herausfinden? Oder sind es nicht viel mehr ganz profane Motive, die Naidoo zur Rückkehr in die Welt der Zurechnungsfähigen trieben? So was wie der Dispo? Oder Sehnsucht nach Anerkennung von Leuten, die nicht spinnen?
Fragen, die auf der Hand liegen. Die man auch gar nicht vergessen muss, während man gleichzeitig auch die Frage stellt: Könnte es nicht tatsächlich so sein, wie Naidoo sagt? Kann man nicht abwarten, einkalkulieren, dass hinter seinem Move wiederum Kalkül steckt, und gleichzeitig naiv hoffen, dass er wirklich anders denkt?
Xaidoo könnte (Konjunktiv) ein Vorbild sein und andere darin ermutigen, ihre Blase zu verlassen. Und wir, die wir es nicht nötig haben, entweder kein Wort davon zu glauben oder aber alles davon zu glauben und nie wieder kritisch zu hinterfragen, könnten die Brücke sein für Leute, die zurückwollen. Es ist ja nicht so, dass man in dem Moment, in dem man in Erwägung zieht, jemand hätte umgedacht, in komplette Naivität umswitcht. Es gibt ja etwas, sehr viel sogar, zwischen Zynismus und kindlicher Gutgläubigkeit. Vorsichtig abwarten, misstrauisch abwarten. Neugierig abwarten. Verhalten abwarten. Hoffnungsvoll abwarten. Oder eben einfach nur: abwarten.